Sven Minge: Lebenshilfe & Familienentlastende Dienste

Bewertung: 4 von 5.

Meine berufliche Prägung im sozialen Bereich basiert auf einer langjährigen, kontinuierlichen und praxisnahen Tätigkeit mit Menschen mit Behinderungen sowie deren familiärem Umfeld. Zwischen 1997 und 2007 war ich in unterschiedlichen Funktionen tätig, die mir einen tiefgehenden Einblick in individuelle Lebensrealitäten, strukturelle Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Herausforderungen im Bereich Teilhabe und Inklusion ermöglichten.

Werkstatt für behinderte Menschen – Lebenshilfewerk Mölln gGmbH, Standort Geesthacht

Von 1997 bis 2007 war ich als Gruppenleiter und Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (FAB) in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der Lebenshilfewerk Mölln gGmbH tätig, in einer zugehörigen Werkstatt in der Stadt Geesthacht. In dieser Funktion begleitete ich über einen Zeitraum von zehn Jahren Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen im Arbeitsalltag sowie in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung.

Zu meinen Aufgaben gehörten die pädagogische, fachliche und soziale Anleitung der Beschäftigten, die Organisation und Strukturierung von Arbeitsabläufen sowie die individuelle Förderung von Fähigkeiten, Belastbarkeit und Selbstständigkeit. Ziel war es, vorhandene Potenziale zu erkennen, zu stabilisieren und im Rahmen der bestehenden Werkstattstrukturen weiterzuentwickeln.

Begleitend zu meiner praktischen Tätigkeit absolvierte ich eine sonderpädagogische Zusatzausbildung mit dem Schwerpunkt Personalentwicklung. Diese Qualifikation ermöglichte mir, Entwicklungsprozesse systematisch zu planen, fachlich zu reflektieren und langfristig zu begleiten. Dazu zählten insbesondere die Erstellung und Fortschreibung individueller Förder- und Entwicklungspläne, arbeitsbegleitende Qualifizierungen sowie die Einschätzung von Leistungsfähigkeit und Entwicklungsperspektiven.

Die Arbeit in der Werkstatt verdeutlichte mir früh das Spannungsfeld zwischen Förderung, Schutz und Teilhabe. Einerseits bieten Werkstätten Struktur, Sicherheit und verlässliche Begleitung, andererseits sind Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt häufig nur eingeschränkt möglich. Diese Erfahrung prägte mein Verständnis für notwendige Weiterentwicklungen im System beruflicher Teilhabe.

Familienentlastende Dienste – ergänzende Perspektive auf familiäre Dauerbelastung

Im Jahr 2001 war ich zusätzlich neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit im Rahmen der Familienentlastenden Dienste bei der Lebenshilfe e. V. Kreisvereinigung Herzogtum Lauenburg tätig. Diese Nebentätigkeit eröffnete mir eine weitere, besonders prägende Perspektive: den unmittelbaren Einblick in den Alltag von Familien, in denen Menschen mit Behinderungen dauerhaft Teil des familiären Lebens sind.

Die Einsätze machten deutlich, dass diese Familien einer andauernden psychischen, emotionalen und organisatorischen Belastung ausgesetzt sind. Pflege, Betreuung, medizinische Termine, Behördenkontakte und eingeschränkte zeitliche Flexibilität prägen den Alltag oft über viele Jahre hinweg. Entlastungsangebote wurden als sehr wertvoll erlebt, konnten jedoch häufig nur kurzfristige Freiräume schaffen.

Zusammenführung der Erfahrungen

Die Kombination aus der langjährigen Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen am Standort Geesthacht und der ergänzenden Arbeit in den Familienentlastenden Diensten vermittelte mir ein ganzheitliches Verständnis von Behinderung – als individuelle Lebensrealität, als familiäre Daueraufgabe und als gesellschaftliche Verantwortung.

Fazit: Die Jahre 1997 bis 2007 stellen eine zentrale Prägungsphase meines beruflichen Werdegangs dar. Die Tätigkeit beim Lebenshilfewerk Mölln gGmbH in Geesthacht sowie die Arbeit in den Familienentlastenden Diensten verdeutlichten, dass Inklusion nicht allein durch Konzepte oder gesetzliche Vorgaben entsteht, sondern durch professionelle Begleitung, Verantwortung im Alltag und eine klare gesellschaftliche Haltung. Diese Überzeugung prägt mein berufliches Handeln bis heute.

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