Im Sommer 2017 unternahmen wir von Łeba, dem beliebten Badeort an der polnischen Ostseeküste, einen Tagesausflug in die Hansestadt Danzig (Gdańsk). Nach Tagen am Strand und Spaziergängen durch die beeindruckenden Wanderdünen des Słowiński-Nationalparks stand uns der Sinn nach einem Kontrastprogramm: Kultur, Geschichte und städtisches Leben.
Anreise am Morgen
Am frühen Morgen starteten wir mit dem Auto in Richtung Danzig. Die Fahrt führte über Landstraßen und kleinere Ortschaften, vorbei an Feldern, Wäldern und kleinen Seen – typisch für die Kaszubische Seenplatte, eine Region, die landschaftlich zu den schönsten Nordpolens zählt.
Nach rund zwei Stunden erreichten wir die Stadtgrenze Danzigs, wo sich bereits der Kontrast zwischen Natur und urbaner Energie zeigte. Die Zufahrt ins Zentrum war gut ausgeschildert, Parkmöglichkeiten fanden wir in der Nähe der Altstadt am Ufer der Mottlau (Motława).
Erster Eindruck – Die maritime Seele der Stadt
Schon beim Aussteigen war das geschäftige Treiben spürbar. Händler boten Stadtführungen an, Ausflugsschiffe lagen am Kai bereit, Möwen kreisten über den Dächern. Die Luft roch nach Wasser, Holz und frischem Gebäck.
Unser erster Spaziergang führte uns entlang der Uferpromenade – ein belebter Ort, an dem Geschichte und Gegenwart ineinanderfließen. Zwischen restaurierten Speicherhäusern und modernen Cafés lag das berühmte Krantor (Żuraw), das Wahrzeichen Danzigs.
Historischer Hintergrund
Das Krantor wurde im 15. Jahrhundert erbaut und diente als kombinierter Kran und Stadttor. Es hob Lasten von bis zu zwei Tonnen und symbolisiert die wirtschaftliche Macht Danzigs während seiner Blütezeit als Mitglied der Hanse.
Die Stadt selbst war über Jahrhunderte ein Zentrum des Seehandels – ein Knotenpunkt für Getreide, Holz, Bernstein und Salz. Ihre wohlhabenden Kaufleute prägten die Architektur, die bis heute an norddeutsche Hansestädte wie Lübeck oder Stralsund erinnert.
Durch die Altstadt – Vom Goldenen Tor zum Neptunbrunnen
Unser Weg führte uns durch das Goldene Tor (Złota Brama) in die prachtvolle Langgasse (Ulica Długa), die in den Langen Markt (Długi Targ) mündet. Dort reihen sich kunstvoll restaurierte Bürgerhäuser mit farbigen Fassaden und verzierten Giebeln.
Am Artushof, dem historischen Versammlungshaus der Kaufleute, und vor dem Neptunbrunnen machten wir Halt. Hier herrschte reges Treiben: Straßenmusiker spielten Jazz, Touristen fotografierten, und in den Straßencafés genossen Einheimische ihren Kaffee.
Diese Atmosphäre – zwischen Geschichte, Lebensfreude und Sommerleichtigkeit – machte den Reiz Danzigs besonders aus.
Besuch der Marienkirche
Nur wenige Gehminuten entfernt erhebt sich die monumentale Marienkirche (Bazylika Mariacka), die größte Backsteinkirche Europas. Das Innere beeindruckte mit gotischer Schlichtheit und klaren Linien, während das farbige Licht durch die hohen Fenster fiel.
Wir stiegen die enge Wendeltreppe des Turms hinauf – über 400 Stufen –, um den spektakulären Blick über die Dächer der Altstadt, den Hafen und die Danziger Werft zu genießen. Der Wind war kräftig, die Aussicht atemberaubend.
Die Frauengasse – Bernstein, Handwerk und Geschichte
Anschließend bummelten wir durch die Frauengasse (Ulica Mariacka), eine der schönsten Straßen der Stadt. Mit ihren kunstvollen Vorlauben und den kleinen Werkstätten ist sie ein Paradies für Liebhaber von Bernstein, dem „Gold der Ostsee“.
Wir stöberten durch die Auslagen der Schmuckhändler und beobachteten die Handwerker bei der Arbeit. Zwischen alten Fassaden, Kopfsteinpflaster und Blumenkästen lag eine ruhige, fast nostalgische Stimmung – ein Ort, an dem man den Geist der alten Hansestadt noch spüren konnte.
Mittagspause am Wasser
Zum Mittag kehrten wir in ein kleines Restaurant an der Mottlau ein. Auf der Speisekarte standen regionale Spezialitäten: Pierogi (gefüllte Teigtaschen), Fischsuppe und frisch gebratene Ostseescholle. Dazu ein kühles polnisches Bier und der Blick auf die langsam vorbeifahrenden Ausflugsschiffe – ideal, um neue Energie für den Nachmittag zu tanken.
Museum des Zweiten Weltkriegs – Ein Ort des Gedenkens
Am Nachmittag stand der Besuch des Museums des Zweiten Weltkriegs (Muzeum II Wojny Światowej) auf dem Programm. Das moderne Gebäude mit seiner markanten, schrägen Architektur liegt unweit der Altstadt und symbolisiert den Bruch der Geschichte.
Die Ausstellung war beeindruckend und bedrückend zugleich: Sie dokumentiert den Krieg nicht nur aus polnischer Sicht, sondern als europäische Katastrophe. Besonders eindrucksvoll war die Darstellung der Kämpfe auf der Westerplatte, wo am 1. September 1939 der deutsche Angriff auf Polen begann – der Auftakt des Zweiten Weltkriegs.
Wir nahmen uns Zeit für die Ausstellung, die mit moderner Technik, Filmen, Zeitzeugenberichten und Originalexponaten eine intensive Atmosphäre schuf.
Abendliche Rückfahrt nach Łeba
Am frühen Abend traten wir die Rückfahrt nach Łeba an. Die Sonne stand tief, die Landschaft leuchtete golden. Die Fahrt verlief ruhig, begleitet vom Gefühl, einen Tag voller Eindrücke erlebt zu haben – zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Meer und Stadt.
In Łeba angekommen, endete der Tag mit einem Spaziergang am Strand. Das Rauschen der Wellen bildete den friedlichen Kontrast zu den Eindrücken des Tages aus der pulsierenden Metropole Danzig.
Hintergrund: Danzig in Geschichte und Gegenwart
Danzig ist eine Stadt mit komplexer Vergangenheit. Über Jahrhunderte umkämpft zwischen Polen, Preußen und Deutschland, war sie Freie Stadt, Kriegsschauplatz und Symbol des Wiederaufbaus. Heute präsentiert sich Gdańsk als moderne, weltoffene Metropole mit rund 500.000 Einwohnern, einer lebendigen Kulturszene und einem starken Selbstbewusstsein.
Der Wiederaufbau der Altstadt nach 1945 gilt als eines der größten Kulturprojekte Polens. Viele Gebäude wurden detailgetreu rekonstruiert, während neue Bauten bewusst moderne Akzente setzen – eine gelungene Verbindung von Tradition und Zukunft.
Fazit
Der Tagesausflug von Łeba nach Danzig im August 2017 war ein abwechslungsreiches Erlebnis zwischen Ostseeluft, Geschichte und hanseatischer Architektur. Die Stadt beeindruckte durch ihre Authentizität, ihre Energie und ihre Fähigkeit, Geschichte lebendig zu halten.
Ein Tag reichte kaum, um alles zu entdecken – doch er hinterließ bleibende Eindrücke: das Glitzern des Bernsteins, den Klang der Möwen, den Blick vom Kirchturm über die roten Dächer und das Bewusstsein, eine Stadt besucht zu haben, die in ihrer Geschichte das Schicksal Europas widerspiegelt.
Praktische Hinweise (Stand 2017)
- Anreise: Mit dem Auto von Łeba ca. 120 km, Fahrzeit etwa 2 Stunden.
- Parken: Öffentliche Parkplätze nahe der Altstadt, z. B. an der Mottlau oder am Museum.
- Empfohlene Ziele: Altstadt (Rechtstadt), Marienkirche, Frauengasse, Krantor, Museum des Zweiten Weltkriegs, Uferpromenade.
- Verpflegung: Viele gute Restaurants und Cafés im Bereich Długi Targ und Ulica Mariacka.
- Beste Zeit: Früh starten, um die Vormittagsruhe der Stadt zu erleben und abends entspannt zurückzufahren.








