Totenhaus bei Geesthacht

Bewertung: 3 von 5.

Im August 2024 führte mich ein Ausflug an das Elbufer bei Grünhof-Tesperhude zu einem besonderen historischen Ort: dem bronzezeitlichen Totenhaus. Abseits der Hauptstraße B5, zwischen Geesthacht und Lauenburg, liegt im Wald eine unscheinbare, mit Steinen eingefasste Fläche, die bei näherem Hinsehen eine faszinierende Geschichte erzählt. Schon auf dem kurzen Fußweg vom Waldparkplatz zur Grabstätte spürt man die besondere Atmosphäre – ein stiller Ort, der von den Ritualen und dem Leben vor über 3.000 Jahren zeugt.


Was ist ein Totenhaus?

Ein „Totenhaus“ ist eine Grab- und Kultstätte aus der mittleren Bronzezeit (ca. 1200 v. Chr.). Anders als einzelne Grabhügel oder Urnenfelder errichteten die Menschen hier ein rechteckiges Holzhaus über den Gräbern. In diesem Fall wurde das Bauwerk aus Holz errichtet und mit Lehm verputzt. Innerhalb der Steinsetzung fanden Archäologen die Spuren zweier Baumsärge, in denen eine junge Frau und ein etwa zweijähriges Kind bestattet worden waren.

Archäologische Untersuchungen haben ergeben, dass das Totenhaus nach den Bestattungen rituell verbrannt wurde. Anschließend wurde die Stelle mit einem Hügel überschüttet. Diese Kombination aus Holzbau, Bestattung und anschließendem Brandritual ist nördlich der Elbe selten belegt, was das Totenhaus von Grünhof-Tesperhude zu einem archäologischen Unikat in Schleswig-Holstein macht.


Entdeckung und Erforschung

Bekannt wurde die Anlage im Jahr 1932, als der Heimatforscher Karl Kersten erste Untersuchungen durchführte. Die eigentliche Ausgrabung folgte 1933 und brachte die heute bekannten Befunde zutage: eine rechteckige Steinsetzung mit Pfostenlöchern, die auf die ehemalige Konstruktion schließen lassen, sowie die beiden Bestattungen in den Baumsärgen. Die Funde sind heute wissenschaftlich dokumentiert; in Geesthacht wird das Totenhaus unter dem Titel „Die erste Geesthachterin“ regelmäßig in Ausstellungen thematisiert.

Interessant ist auch, dass sich rund um die Grabstätte eine alte Sage erhalten hat. Dorfbewohner berichteten früher von geheimnisvollen Feuern, die man im Hügel gesehen haben soll – ein erstaunliches Echo der tatsächlichen archäologischen Befunde, denn auch die Ausgräber stellten fest, dass die Anlage in Brand gesetzt worden war.


Eindruck beim Besuch

Wer heute das Totenhaus besucht, findet einen bewusst schlicht gestalteten Erinnerungsort vor. Ein Info-Stein erklärt die Entdeckung und die damalige Nutzung. Die Steine, die noch im Boden liegen, zeichnen den Grundriss nach. Moos und Laub bedecken die Anlage teilweise, und gerade diese Zurückhaltung sorgt für eine stille Würde.

Mich beeindruckte besonders die Ruhe dieses Platzes. Kein touristischer Rummel, kein überladener Aufbau – nur Wald, Natur und die Spuren einer uralten Bestattungskultur. In Gedanken kann man sich ausmalen, wie hier vor Jahrtausenden ein Begräbnis stattfand: Angehörige, die trauerten, ein hölzernes Haus, Feuer und schließlich ein Hügel, der alles bedeckte.


Besuchstipps

  • Lage: Direkt an der B5 zwischen Geesthacht und Lauenburg, bei Grünhof-Tesperhude.
  • Zugang: Ein ausgeschilderter Waldweg führt in wenigen Minuten zur Anlage. Sie ist jederzeit frei zugänglich.
  • Kombination: Empfehlenswert ist die Verbindung mit einem Spaziergang entlang des Hohen Elbufers oder einem Besuch im Geesthachter Museum, wo das Totenhaus in den Kontext der frühen Besiedlung der Region gestellt wird.
  • Atmosphäre: Besonders eindrucksvoll wirkt der Ort in den Morgen- oder Abendstunden, wenn das Sonnenlicht durch die Bäume fällt.

Bedeutung für die Region

Das Totenhaus ist mehr als ein Bodendenkmal – es ist ein Fenster in die Vergangenheit. Es zeigt, dass schon vor über 3.000 Jahren Menschen in dieser Region lebten, ihre Toten ehrten und komplexe Rituale pflegten. Für die Stadt Geesthacht und die umliegende Region ist die Stätte ein wichtiges archäologisches Erbe, das die kulturelle Entwicklung an der Elbe eindrucksvoll dokumentiert.


Fazit: Der Besuch des bronzezeitlichen Totenhauses in Grünhof-Tesperhude ist ein lohnender Ausflug für alle, die sich für Geschichte, Archäologie und Kultur interessieren. Der Ort verbindet stille Natur mit einer besonderen Aura und bietet zugleich spannende Einblicke in die frühen Bestattungsrituale Norddeutschlands. Wer sich auf diesen kurzen, aber eindrucksvollen Weg einlässt, entdeckt ein Stück Vergangenheit, das bis heute in unserer Landschaft lebendig geblieben ist.

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