Besuch der KZ-Gedenkstätte Neuengamme – Eine stille Mahnung gegen das Vergessen
Im Oktober 2024 besuchte ich die KZ-Gedenkstätte Neuengamme – einen Ort, der zutiefst erschüttert und gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Rund 15 Kilometer südöstlich des Hamburger Stadtzentrums gelegen, erinnert das weitläufige Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme an eines der größten nationalsozialistischen Lager Norddeutschlands. Zwischen 1938 und 1945 wurden hier mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa interniert – über 42.000 von ihnen kamen ums Leben.
Ein Ort der Geschichte und Verantwortung
Heute ist das ehemalige Lager ein bedeutender Gedenk- und Lernort. Die Stille auf dem Gelände wirkt beklemmend – kein touristisches Treiben, keine Ablenkung, sondern Raum für Reflexion und Gedenken. Die erhaltenen und rekonstruierten Gebäude, wie das ehemalige Häftlingslager, das Klinkerwerk, der Arrestbunker und das SS-Verwaltungsgebäude, geben einen eindringlichen Einblick in die menschenverachtenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit.
Die Ausstellung in der Hauptausstellungshalle, dem ehemaligen „Haus des Gedenkens“, dokumentiert die Geschichte des Konzentrationslagers in erschütternder Detailtiefe. Zeitzeugenberichte, Fotografien, persönliche Gegenstände der Häftlinge und Archivmaterial erzählen von Entrechtung, Gewalt, Zwangsarbeit und Tod – aber auch von Menschlichkeit, Überlebenswillen und der Bedeutung des Erinnerns.
Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie
Besonders bewegend ist die Dokumentation zur Zwangsarbeit: Die Häftlinge mussten unter grausamsten Bedingungen im angrenzenden Klinkerwerk Ziegel für die nationalsozialistischen Großbauprojekte in Hamburg herstellen. Hunger, Misshandlungen, Krankheiten und völlige Erschöpfung gehörten zum Alltag. Die systematische Ausbeutung von Menschenleben für ideologische Ziele wird hier auf erschütternde Weise sichtbar.
Ein Rundgang durch das Gelände
Beim Gang über das ehemalige Lagergelände passiert man zahlreiche Mahnmale, Informationstafeln und Denkstätten. Besonders eindrucksvoll ist die Internationale Gedenkstätte, die aus einer symbolischen Aschegrube, einer Gedenkwand mit den Namen vieler Nationen und einem stillen Wasserbecken besteht. Hier versammelt sich jedes Jahr am 3. Mai eine internationale Gemeinschaft, um der Befreiung des Lagers durch die britischen Truppen 1945 zu gedenken.
Die Ausstellungen in den ehemaligen Gebäuden (wie dem Arrestbunker oder dem ehemaligen Kommandantenhaus) thematisieren verschiedene Aspekte des Lagersystems, die Täterbiografien und auch die juristische Aufarbeitung nach 1945 – ein wichtiger Schritt, um die Mechanismen von Schuld, Verantwortung und Erinnerung zu verstehen.
Warum dieser Besuch so wichtig ist
Ein Besuch in Neuengamme verändert die Perspektive. Er macht deutlich, wie schnell die Grenzen zwischen Zivilisation und Barbarei verschwimmen können, wenn Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Mitmenschlichkeit ausgehöhlt werden. Gerade in einer Zeit, in der rechtsextreme Ideologien, Antisemitismus und Hass wieder lauter werden, ist das Gedenken an Orte wie Neuengamme unerlässlich.
Praktische Informationen für Besucher
- Öffnungszeiten: Täglich von 10:00 bis 17:00 Uhr, Eintritt frei
- Adresse: Jean-Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg
- Führungen: Es werden regelmäßig öffentliche Führungen angeboten; Gruppenführungen können online gebucht werden
- Anfahrt: Mit dem HVV gut erreichbar über die S-Bahn bis Bergedorf und anschließend mit dem Bus 227 bis „KZ-Gedenkstätte Neuengamme“
Fazit: Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme ist kein Ort für einen „klassischen Ausflug“ – sie ist ein Ort der Stille, der Erinnerung und der Mahnung. Mein Besuch im Oktober 2024 war bewegend, aufrüttelnd und nachhaltig. Es bleibt die Hoffnung, dass wir als Gesellschaft aus der Geschichte lernen – und dass das nie wieder geschieht, was dort geschehen ist.















