Das Deutschlandticket steht für einfache, bezahlbare und bundesweite Mobilität im öffentlichen Personennahverkehr. Im Alltag zeigt sich jedoch, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit mitunter eine erhebliche Lücke liegt. Moderne Technik, komplexe Systeme und eine oft überlastete Infrastruktur sorgen regelmäßig für Situationen, die ebenso unerquicklich wie erinnerungswürdig sind. Dieses „Best of“ sammelt keine Grundsatzkritik, sondern augenzwinkernde Momentaufnahmen aus dem ÖPNV-Alltag oder bei Dritten – kleine Pannen, große Verwunderung und Geschichten, die man meist erst mit zeitlichem Abstand schätzen lernt. Zuletzt sind wir eigentlich immer angekommen. Pannen und Erlebnisse sind nicht chronologisch aufgebaut. Erlebnisse bei anderen Unternehmungen sind ebenfalls erwähnt. Eine Fortschreibung erfolgt:
• Der Hightech-E-Bus mit Reset-Pflicht
Neuer E-Bus, modern und leise – doch die Türen lassen sich nicht schließen. Weiterfahrt unmöglich. Der Busfahrer muss das System komplett resetten. Ergebnis: Dunkelheit im Fahrgastraum, Anzeigen aus, kurze kollektive Irritation. Nach dem Neustart läuft alles wieder. Fazit: Hochmoderne Mobilität – manchmal abhängig vom klassischen „Aus- und Einschalten“.
• Totalausfall der Anzeigetafeln am Hamburger Hauptbahnhof
Alle Anzeigen schwarz. Keine Abfahrten, keine Gleise, keine Zeiten. Fahrgäste stehen ratlos auf den Bahnsteigen, Durchsagen bleiben vage oder widersprüchlich. Niemand weiß, welche S-Bahn wann kommt – oder ob überhaupt. Orientierung entsteht nur noch durch Gerüchte, Erfahrung und kollektives Schulterzucken.
• Verpasste Abfahrt auf der A1
Auf der Tour von Hamburg-Harburg Richtung Bergedorf rollt der Bus routiniert auf die Autobahn – nur nicht dort wieder herunter, wo es geplant war. Die Abfahrt auf der A1 wird verpasst, der nächste Wendepunkt liegt deutlich weiter entfernt. Ergebnis: ungeplante Stadtrundfahrt, verlängerte Fahrzeit und die stille Erkenntnis, dass auch Navigationsroutine gelegentlich Pause macht.
• Verpasste Abfahrt mit Nachspiel
Auf der Tour von Hamburg-Harburg Richtung Bergedorf wird die Abfahrt auf der A1 verpasst. Die Fahrt verlängert sich unfreiwillig. In Bergedorf angekommen, drängt die Zeit aus einem sehr menschlichen Grund: Die Partnerin muss dringend in Bergedorf zur Toilette. Das WC kostet einen Euro – akzeptiert, bezahlt. Die Tür öffnet sich jedoch nicht. Begründung: Einrichtung geschlossen. Ergebnis: bezahlt, verschlossen, keine Lösung. Service trifft Realität.
• Polizeieinsatz und die plötzliche Abenteuerreise
Bequem sitzend in der S-Bahn folgt die Durchsage: Polizeieinsatz, die Strecke der S7 zwischen Hamburg-Bergedorf und Berliner Tor ist gesperrt. Statt Weiterfahrt: Schienenersatzverkehr. Die bereitgestellten Busse sind hoffnungslos überfüllt, Zustieg nur noch nach dem Prinzip „wer passt, passt“. Die Fahrt zieht sich im Stop-and-go über sämtliche Haltestellen bis Berliner Tor. Ergebnis: Verspätung, Körperkontakt auf engstem Raum und das Gefühl, kurzfristig Teil eines internationalen Verkehrsexperiments zu sein.
• Ticketgrenze mit Touristenfalle in Rostock
In der Hansestadt Rostock gilt das Mecklenburg-Vorpommern-Ticket nicht. Ergebnis: formal Schwarzfahrer – ohne es zu wissen und offenbar nicht die Ersten. Ein Klassiker unter Ortsfremden. Die Pointe folgt später: Mit dem Deutschlandticket ist das Problem erledigt, denn das gilt auch in Rostock. Fortschritt durch Vereinfachung – endlich.
• Die saisonale Fähre von Blankenese
Am Anleger in Hamburg-Blankenese folgt die ernüchternde Erkenntnis: Die Fähre fährt nur im Sommer. Im Dezember bleibt der Anleger still – und wir zunächst ratlos zurück. Besonders bitter: Zuvor waren wir mit einem Minibus gemeinsam mit mehreren anderen Fahrgästen extra bis zum Anleger gefahren. Ergebnis: korrekte Fahrt, falsche Annahme, kollektiver Leerlauf. Saisonkenntnis schlägt ÖPNV-Logik.
• Die angeblich entspannte Buslinie in Oslo
In Oslo warten wir am Anleger auf den Bus der angegebenen Route. Laut Anzeige: geringe Auslastung. Die Realität: kompletter Ausnahmezustand. Der Bus ist so überfüllt, dass an Einstieg nicht zu denken ist. Konsequenz: Fußmarsch vom Anleger bis in die Innenstadt. Prognose optimistisch, Realität eindeutig – Bewegung gab es trotzdem, nur nicht motorisiert.
• Seegang deluxe bei Brunsbüttel
In Brunsbüttel wird der Anleger auf der Hinfahrt mit der FRS Helgoline wegen starken Wellengangs nicht angelaufen. Auf der Rückfahrt gelingt das Anlegen präzise – doch kaum fest, passiert ein großer Autofrachter. Die Folge: massiver Wellenschlag, spürbar bis ins Schiff. In der Bordküche beginnt danach eine einstündige Aufräumaktion. Fazit: nautisch korrekt, physikalisch unerbittlich.
• Günstig hin, umständlich zurück – mit Teilerstattung
Der Ausflug mit FlixTrain nach Berlin verläuft zunächst vorbildlich: günstig, pünktlich, alles klappt. Die Rückfahrt beginnt am Berlin Südkreuz mit der ersten Überraschung – dort erfahren wir von der Verspätung und nutzen die Zeit fürs Essen. Im Zug folgt die zweite: Eine Direktfahrt nach Hamburg ist nicht möglich, stattdessen Umweg über Hannover. Die Reise verlängert sich um rund drei Stunden. Am Ende kommen wir gut an. FlixTrain erstattet 50 % des Reisepreises – rechnerisch korrekt, praktisch überschaubar: 10 Euro von 20 Euro.
• Hafenfest mit Richtungswechsel
Auf nach Bremerhaven zum Hafenfest – doch schon in Hamburg-Harburg beginnt die Reise mit Verspätung. Ein neuer Anschluss wird gewählt, der nächste Regionalzug sammelt ebenfalls Minuten. Am Ende führt der Weg nicht wie geplant nach Bremerhaven, sondern weiter Richtung Cuxhaven. Ergebnis: Ziel verfehlt, Stimmung gerettet. Statt Hafenfest ein schöner Tag an der Küste.
• Rückweg mit Ellenbogen bei den Wanderdünen
Bei den Wanderdünen im Słowiński-Nationalpark (Polen) verkehrt ein Shuttle-Service mit Elektrobahnen. Auf dem Rückweg entwickelt sich daraus ein Wettbewerb: Mehrere rüstige Rentner drängen entschlossen nach vorn, um ja rechtzeitig wieder anzukommen. Rücksichtnahme wird kurzfristig ausgesetzt, Zielorientierung gewinnt. Fazit: Naturerlebnis inklusive Sozialstudie.
• Betteln zwischen Bitte und Druck – mit offenem Abgrund
In der S-Bahn Hamburg bittet eine Person um Geld – zunächst höflich, dann zunehmend aufdringlich. Auf eine freundliche Ablehnung folgen persönliche Vorwürfe. Die Aussage „Keine Freunde, keine Hilfe, psychisch angeschlagen“ fällt, kurz darauf der prägende Satz: „Was stimmt mit Ihnen nicht?“ Ergebnis: spürbare Anspannung im Wagen, betretenes Schweigen, kollektives Wegsehen. Eine Szene, die zeigt, wie soziale Notlagen im ÖPNV unmittelbar, ungeschützt und für alle Beteiligten belastend aufeinandertreffen.
• Enthemmung im morgendlichen S-Bahn-Verkehr
Auf dem Weg zur Nordmarsch in der S-Bahn Hamburg eskaliert eine ohnehin verstörende Situation: Ein Fahrgast uriniert im Wagen, der Urin läuft quer durch den Innenraum. Fahrgäste weichen entsetzt zurück und ergreifen teils fluchtartig die Ausgänge in andere Abteile. Statt sportlicher Vorfreude bleiben Ekel, Fassungslosigkeit und ein abrupt beendeter Start in den Tag – ein extremes Beispiel dafür, wie schnell der öffentliche Raum seine Zumutbarkeitsgrenze überschreitet.

