Künstliche Intelligenz ist längst kein abstraktes Zukunftsthema mehr, sondern ein fester Bestandteil unseres beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Alltags. Um diese Entwicklung nicht nur anzuwenden, sondern fundiert zu verstehen und verantwortungsvoll einzuordnen, habe ich kürzlich eine Fortbildung absolviert, die mich systematisch vom KI-Einsteiger zum KI-Fortgeschrittenen geführt hat.
Dabei stand für mich von Beginn an ein klarer Grundsatz im Mittelpunkt:
Ich nutze KI als Werkzeug – nicht als Ersatz.Sven Minge
Grundlagen: Verstehen statt blind nutzen
Ein zentraler Bestandteil der Fortbildung war das Verständnis der Grundlagen von Künstlicher Intelligenz. Begriffe wie maschinelles Lernen, neuronale Netze oder Sprachmodelle wurden nachvollziehbar erklärt und praxisnah eingeordnet. Besonders wichtig war dabei die Abgrenzung zwischen klassischer Automatisierung und KI-gestützten Systemen – ein Unterschied, der im öffentlichen Diskurs häufig unscharf bleibt. Dieses Wissen hat meinen Blick auf KI deutlich verändert. KI ist keine denkende Instanz, sondern ein technologiegestütztes System, das auf Algorithmen, Daten und Wahrscheinlichkeiten basiert.
Funktionsweise: Hinter die Mechanismen schauen
Aufbauend auf den Grundlagen wurde vermittelt, wie KI-Systeme tatsächlich arbeiten: von der Datenerhebung über das Training von Modellen bis hin zur Generierung von Ergebnissen. Eine zentrale Erkenntnis war dabei, dass KI-Antworten oft sehr überzeugend formuliert sind, ohne zwangsläufig richtig, vollständig oder kontextuell angemessen zu sein. KI „versteht“ Inhalte nicht. Sie berechnet Wahrscheinlichkeiten für sprachlich passende Wortfolgen.
Anwendungsbereiche: Unterstützung mit Augenmaß
KI kann Prozesse beschleunigen, Informationen strukturieren, Texte vorbereiten oder Entscheidungsgrundlagen liefern. Richtig eingesetzt ist sie ein leistungsfähiges Instrument zur Effizienzsteigerung und Perspektivenerweiterung. Für mich ist dabei klar: KI unterstützt meine Arbeit, ersetzt aber weder Erfahrung, Verantwortung noch Urteilsvermögen.
Nutzen, Gefahren und Grenzen realistisch bewerten
Ein wesentlicher Teil der Fortbildung war der kritische Blick auf Risiken und Grenzen von KI. Neben Verzerrungen durch Trainingsdaten, fehlender Transparenz und Abhängigkeit wurde ein Problem besonders deutlich:
Halluzinationen: Ein zentrales Problem von KI
Ein gravierendes und oft unterschätztes Risiko von KI sind sogenannte Halluzinationen. Darunter versteht man Inhalte, die sprachlich überzeugend formuliert sind, aber faktisch falsch, unvollständig oder frei erfunden sein können.
Besonders problematisch ist, dass diese Inhalte oft plausibel wirken. Quellen werden erfunden, Zusammenhänge falsch dargestellt oder Sachverhalte unzulässig vereinfacht. Halluzinationen sind kein technischer Defekt, sondern eine systemimmanente Eigenschaft probabilistischer Sprachmodelle.
Warum KI trotzdem eine Antwort liefert
KI verfügt über kein Wahrheitsverständnis. Sie prüft Aussagen nicht auf Richtigkeit, sondern berechnet, welche Antwort statistisch wahrscheinlich erscheint.
KI antwortet nicht, weil sie etwas weiß – sondern weil sie formulieren kann.
Sven Minge
Die Verantwortung für Richtigkeit, Kontext und Folgen liegt daher immer beim Menschen.
Erklärbarkeit und Authentizität
Wer KI-Texte ungeprüft übernimmt, kann sie häufig nicht überzeugend vertreten. Spätestens in Bewerbungsgesprächen, Präsentationen oder fachlichen Diskussionen wird deutlich, ob Aussagen auf eigener Erfahrung und Überzeugung beruhen – oder lediglich reproduziert werden.
Authentizität entsteht nicht durch perfekte Sprache, sondern durch inhaltliche Durchdringung, Haltung und persönliche Einordnung.
Öffentliche Reden: Warum KI hier besonders an ihre Grenze stößt
Gerade bei öffentlichen Reden wird eine weitere Grenze von KI besonders deutlich. Keine Rede sollte rein mit KI erstellt werden. Zwar kann KI beim Strukturieren, beim Sammeln von Argumenten oder beim sprachlichen Feinschliff unterstützen – das eigentliche Herz einer Rede kann sie jedoch nicht liefern.
Was KI fehlt, ist das Gefühl für den Moment, für das Publikum, für Stimmung, Erwartung und Dynamik. Gute Reden leben von Aufhängern, von persönlichen Bezügen, von Emotionen, Pausen, Zwischentönen und spontanen Reaktionen. Diese entstehen aus Erfahrung, Empathie und Präsenz – nicht aus Datenmodellen.
Eine Rede, die ausschließlich aus KI-Texten besteht, mag formal korrekt sein, bleibt aber häufig austauschbar, distanziert und emotional flach.
Sven Minge
Überzeugungskraft entsteht dort, wo Menschen spüren, dass jemand selbst hinter seinen Worten steht.
Kreativität bleibt menschlich
KI verarbeitet ausschließlich vorhandene Informationen. Sie kombiniert, variiert und formuliert neu, schafft jedoch nichts originär Neues. Kreativität, Visionen, Ideenreichtum und mutige gedankliche Brüche bleiben menschliche Fähigkeiten.
Empathie: Nicht simulierbar, nicht berechenbar
Auch die häufig geäußerte Sorge vor einem massenhaften Wegfall von Arbeitsplätzen durch KI halte ich nur bedingt für gerechtfertigt. Viele Tätigkeiten beruhen auf einer Fähigkeit, die KI nicht simulieren, berechnen oder ersetzen kann: Empathie.
Empathie bedeutet, Stimmungen wahrzunehmen, Vertrauen aufzubauen, Konflikte sensibel zu moderieren und Verantwortung im zwischenmenschlichen Sinne zu übernehmen.
Gerade in sozialen, beratenden, pädagogischen, führenden und kommunikativen Bereichen bleibt der Mensch unverzichtbar.
Sven Minge
Recht und Datenschutz: Verantwortung bleibt menschlich
Als Nutzer trägt man die Verantwortung für eingegebene Daten und für die Nutzung der erzeugten Inhalte. Personenbezogene, vertrauliche oder sensible Informationen gehören nicht in KI-Systeme. Datenschutz, Zweckbindung und Datensparsamkeit bleiben auch im KI-Zeitalter zentrale Prinzipien.
Fazit: Bewusste Nutzung statt Technikgläubigkeit
Die Fortbildung hat meinen Blick auf Künstliche Intelligenz nachhaltig geschärft. Ich nutze KI heute gezielter, reflektierter und mit einem klaren Bewusstsein für ihre Stärken, Risiken und Grenzen. Besonders Themen wie Halluzinationen, fehlende Erklärbarkeit, Empathie und emotionale Wirkung zeigen, wie wichtig menschliche Urteilskraft bleibt. KI ist für mich kein Ersatz für Denken, Entscheiden, Kreativität oder Fühlen, sondern ein leistungsfähiges Werkzeug – sinnvoll eingesetzt dort, wo es unterstützt, und bewusst begrenzt dort, wo menschliche Kompetenz unverzichtbar ist. Oder auf den Punkt gebracht: Ich nutze KI als Werkzeug – nicht als Ersatz.



